Ein Stromausfall ist immer ärgerlich. Das Licht ist aus, der Router blinkt nicht mehr und die Heizung ist still. Für Besitzer einer Photovoltaikanlage kommt oft eine zusätzliche Sorge hinzu: Was passiert mit meiner Anlage? Startet sie von selbst wieder? Und warum produziert sie eigentlich keinen Strom, obwohl die Sonne scheint? Entgegen der weitverbreiteten Annahme ist eine Standard-PV-Anlage während eines Stromausfalls inaktiv. Doch was passiert, wenn der Strom wieder da ist? Normalerweise nimmt die Anlage ihre Arbeit automatisch wieder auf. Bleibt sie jedoch stumm, ist guter Rat teuer. Dieser umfassende Ratgeber erklärt Ihnen alles, was Sie wissen müssen, um Ihre PV-Anlage nach einem Stromausfall sicher zu starten, häufige Fehler zu erkennen und zu verstehen, welche Technik für echten Notstrom nötig ist.
Die wichtigste Erkenntnis zuerst: Eine herkömmliche, netzgekoppelte Photovoltaikanlage schaltet sich bei einem Stromausfall aus Sicherheitsgründen sofort und selbstständig ab. Dies ist keine Fehlfunktion, sondern eine gesetzlich vorgeschriebene Sicherheitsmaßnahme, die als Netz- und Anlagenschutz (NA-Schutz) bezeichnet wird und in der Anwendungsregel VDE-AR-N 4105 verankert ist. Der Grund ist einfach: Würde Ihre Anlage weiterhin Strom in das öffentliche Netz einspeisen, während dieses offiziell als "abgeschaltet" gilt, könnten Techniker, die am Netz arbeiten, einen lebensgefährlichen Stromschlag erleiden. Der Wechselrichter, das Herzstück Ihrer Anlage, überwacht daher permanent die Spannung und Frequenz des Stromnetzes. Weichen diese Werte von der Norm ab – was bei einem Stromausfall der Fall ist – trennt er die PV-Anlage allpolig vom Netz. Ihre Anlage erzeugt in diesem Zustand also keinen Strom, weder für Ihr Haus noch für das Netz.
Sobald der Stromausfall behoben ist und das öffentliche Netz wieder stabil und zuverlässig zur Verfügung steht, beginnt für den Wechselrichter eine Prüfphase. Er misst über einen definierten Zeitraum (in der Regel einige Minuten), ob die Netzspannung und -frequenz konstant innerhalb der vorgegebenen Toleranzgrenzen liegen. Erst wenn diese Bedingung erfüllt ist, synchronisiert er sich mit dem Netz und beginnt automatisch wieder mit dem Einspeisebetrieb. Sie als Betreiber müssen im Normalfall also gar nichts tun. Der Prozess läuft im Hintergrund ab, und nach kurzer Zeit produziert Ihre Anlage wieder sauberen Solarstrom.
Es kann vorkommen, dass die Anlage auch Minuten oder Stunden nach der Wiederkehr des Stroms nicht anläuft. Das Display des Wechselrichters bleibt dunkel oder zeigt eine Fehlermeldung. Bevor Sie den Installateur anrufen, können Sie einige Dinge selbst überprüfen und oft das Problem durch einen manuellen Neustart beheben.
Der häufigste Grund für einen ausbleibenden Start ist ein ausgelöster Schutzschalter. Ein Stromausfall kann beim Wiederkehren der Spannung kurze Spitzen verursachen, die eine Sicherung auslösen.
Wenn die Überprüfung der Sicherungen nicht geholfen hat, kann ein definierter Neustart des gesamten Systems die Lösung sein. Hierbei ist die Reihenfolge des Aus- und Einschaltens entscheidend, um die Elektronik nicht zu beschädigen. Die genaue Prozedur kann je nach Hersteller (SMA, Fronius, Sungrow, Huawei etc.) leicht variieren, folgt aber im Allgemeinen diesem Schema. Im Zweifel werfen Sie immer einen Blick in die Bedienungsanleitung Ihres Wechselrichters!
Die sichere Ausschalt-Reihenfolge:
Wartezeit einhalten: Nachdem alle Komponenten ausgeschaltet sind, warten Sie mindestens 5-10 Minuten. Diese Zeit ist wichtig, damit sich die internen Kondensatoren vollständig entladen können und das System einen kompletten "Kaltstart" durchführt.
Die sichere Einschalt-Reihenfolge (umgekehrt):
Nach diesem Vorgehen beginnt der Wechselrichter seinen normalen Startvorgang. Es kann einige Minuten dauern, bis das Display anspringt, die LEDs grün leuchten und die Einspeisung beginnt. In über 90 % der Fälle ist das Problem damit behoben.
Wenn die Anlage auch nach einem manuellen Neustart nicht anläuft, liegt möglicherweise ein tiefergehendes Problem vor. Kontaktieren Sie in diesem Fall Ihren Solarteur oder einen qualifizierten Fachbetrieb. Mögliche Ursachen könnten sein:
Viele Anlagenbetreiber sind enttäuscht, wenn sie feststellen, dass sie bei einem Stromausfall trotz voller Sonne und Speicher im Dunkeln sitzen. Um bei einem Netzausfall weiterhin mit Solarstrom versorgt zu werden, benötigt Ihre Anlage eine spezielle Not- oder Ersatzstromfähigkeit.
Eine Notstromfunktion versorgt bei einem Stromausfall eine oder wenige, vorher definierte Steckdosen. Diese werden oft in der Nähe des Wechselrichters installiert. Sie können dort manuell wichtige Verbraucher wie den Kühlschrank, das Licht oder das Ladekabel für Ihr Handy einstecken. Wichtig: Bei einer einfachen Notstromlösung kann der Batteriespeicher während des Stromausfalls nicht durch die Solarmodule nachgeladen werden. Der Wechselrichter bleibt aus. Sie zehren also nur vom vorhandenen Speichervorrat.
Die technisch anspruchsvollere und komfortablere Lösung ist die Ersatzstromfunktion. Hierfür benötigen Sie eine spezielle Umschaltbox (Netztrennstelle) und einen "schwarzstartfähigen" Hybrid-Wechselrichter.
Diese Lösung ist deutlich teurer und komplexer in der Installation, bietet aber die höchste Versorgungssicherheit.
Ein Stromausfall ist für eine PV-Anlage in der Regel kein Problem. Dank ausgeklügelter Sicherheitstechnik trennt sie sich zuverlässig vom Netz und startet nach der Wiederkehr des Stroms in den meisten Fällen von selbst. Sollte Ihre PV-Anlage nach einem Stromausfall nicht starten, ist die Ursache oft ein ausgelöster Schutzschalter oder ein System, das sich "aufgehängt" hat. Mit einer einfachen Überprüfung und einem korrekt durchgeführten manuellen Neustart können Sie das Problem häufig selbst lösen und sparen sich die Kosten für einen Technikereinsatz. Wer jedoch auch während eines Stromausfalls nicht auf seinen eigenen Solarstrom verzichten möchte, muss dies bereits bei der Planung berücksichtigen und in eine Anlage mit echter Ersatzstromfunktion und einem schwarzstartfähigen Wechselrichter investieren.
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