Die Entscheidung für eine Photovoltaikanlage ist gefallen – ein großer Schritt in Richtung Energiewende und sinkender Stromkosten. Doch sofort taucht die nächste, alles entscheidende Frage auf: mit oder ohne Batteriespeicher? Während die Werbung uns die Vorzüge hoher Autarkie durch Speicherlösungen preist, entscheiden sich viele Menschen bewusst dagegen. Die Gründe sind vielfältig: niedrigere Anfangsinvestitionen, geringere Komplexität und die Hoffnung auf eine solide Rendite allein durch Eigenverbrauch und Einspeisung. Doch wie sieht die Realität aus? Welche Erfahrungen machen Betreiber mit einer Photovoltaikanlage ohne Speicher im Alltag wirklich? Wir haben genau hingehört, Zahlen analysiert und die entscheidenden Erkenntnisse für Sie zusammengefasst – ehrlich, ungeschminkt und praxisnah.
Bevor wir in die tiefen Erfahrungsberichte eintauchen, ist es wichtig, das Funktionsprinzip einer Anlage ohne Speicher klar zu verstehen. Es gibt keine Magie, sondern einen einfachen und direkten Weg für Ihren Solarstrom. Sobald die Sonne auf Ihre Module trifft und der Wechselrichter seine Arbeit aufnimmt, fließt der Strom los. Von dort aus hat er genau zwei mögliche Ziele, die er in einer klaren Reihenfolge ansteuert.
Ihr Haus ist der erste und wichtigste Abnehmer. Jeder aktive Verbraucher – von der LED-Lampe über den laufenden Kühlschrank bis hin zum WLAN-Router – bedient sich zuerst am kostenlosen Solarstrom. Dieser Prozess geschieht vollautomatisch. Der Strom vom Dach hat immer Vorfahrt vor dem teuren Netzstrom. Jede Kilowattstunde (kWh), die Sie auf diese Weise direkt verbrauchen, müssen Sie nicht von Ihrem Energieversorger einkaufen. Das ist der Kern der Wirtschaftlichkeit.
Was passiert, wenn Sie an einem sonnigen Mittag mehr Strom produzieren, als Ihr Haushalt in genau diesem Moment verbrauchen kann? Ohne einen Speicher, der diesen Überschuss aufnehmen könnte, fließt jede überschüssige Kilowattstunde automatisch durch Ihren Zähler hindurch ins öffentliche Stromnetz. Für diese Einspeisung erhalten Sie eine staatlich garantierte Vergütung pro kWh, die über 20 Jahre festgeschrieben ist. Sie verkaufen Ihren überschüssigen Strom also.
Die entscheidende Kennzahl für den Erfolg einer Anlage ohne Speicher ist die Eigenverbrauchsquote. Sie gibt an, wie viel Prozent Ihres erzeugten Solarstroms Sie tatsächlich selbst nutzen können. Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen hier ein klares Bild:
Ohne bewusste Verhaltensänderung oder technische Hilfsmittel erreicht ein durchschnittlicher Haushalt, dessen Bewohner tagsüber oft abwesend sind (Berufstätige, Schule), eine Eigenverbrauchsquote von etwa 20 % bis 35 %.
Das bedeutet, dass rund zwei Drittel der mühsam auf dem eigenen Dach erzeugten Energie für eine relativ geringe Einspeisevergütung ins Netz fließen. Der Grund ist die zeitliche Diskrepanz zwischen Erzeugung (primär mittags) und Verbrauch (oft morgens und abends). Genau hier setzen die Überlegungen und Erfahrungen an, wie man dieses System optimieren kann.
Theorie ist gut, Praxis ist besser. Schauen wir uns an, welche Erfahrungen drei typische Haushalte mit ihrer speicherlosen PV-Anlage gemacht haben.
Anna und Thomas Meier arbeiten beide häufig von zu Hause, die beiden Kinder sind nachmittags aus der Schule zurück. Ihr Stromverbrauch ist also auch tagsüber konstant hoch. "Für uns war die Entscheidung gegen einen Speicher primär eine Kostenfrage", berichtet Thomas. "Wir haben uns gesagt: Wir investieren lieber in eine etwas größere Anlage und passen unser Verhalten an." Ihre Erfahrung ist durchweg positiv. Die Regel im Haus ist einfach: "Großverbraucher wie die Spülmaschine, die Waschmaschine oder der Trockner werden per Zeitschaltuhr oder manuell zwischen 11 und 15 Uhr gestartet. Das E-Auto wird ebenfalls bevorzugt an sonnigen Tagen geladen." Durch dieses bewusste Management erreichen die Meiers laut ihrer Monitoring-App eine beeindruckende Eigenverbrauchsquote von fast 45 %. "Finanziell hat es sich für uns absolut gelohnt. Die Anlage war günstiger und wir sparen durch den hohen Direktverbrauch enorm bei der Stromrechnung."
Bei Familie Schmidt sieht die Welt anders aus. Beide arbeiten Vollzeit außer Haus und kommen erst am späten Nachmittag heim. "Wir haben uns von den geringeren Anschaffungskosten locken lassen", gibt Frau Schmidt zu. "Die Erfahrung im ersten Jahr war aber ernüchternd. Wir erzeugen mittags Unmengen an Strom, den wir für wenig Geld einspeisen, und abends, wenn wir kochen, fernsehen und waschen, kaufen wir den Strom teuer ein." Ihre Eigenverbrauchsquote dümpelte bei nur 22 %. "Wir haben dann angefangen, am Wochenende gezielt zu waschen und zu saugen, aber unter der Woche ist es schwierig." Die Schmidts denken nun darüber nach, einen Speicher nachzurüsten. "Rückblickend hätten wir es vielleicht direkt machen sollen. Die Anlage ohne Speicher ist besser als nichts, aber das volle Potenzial nutzen wir so nicht."
Markus Huber ist Ingenieur und hat sein Haus mit einem intelligenten Energiemanagementsystem (EMS) ausgestattet. Er hat bewusst auf einen Batteriespeicher verzichtet. "Meine Erfahrung ist: Daten und Steuerung sind alles", sagt er. "Mein EMS kennt die Wettervorhersage und den prognostizierten Solarertrag. Es startet die Wärmepumpe zur Mittagszeit, um den Pufferspeicher für das Warmwasser aufzuheizen. Es schaltet die Poolpumpe an und gibt dem Laderoboter für das E-Auto die Ladeleistung dynamisch je nach Sonnenintensität frei." Herr Huber nutzt also thermische Speicher (Wasser) und mobile Speicher (Auto-Akku) gezielt aus. "Ich erreiche so eine Eigenverbrauchsquote von über 50 %, ohne eine teure Batterie im Keller zu haben. Für mich ist das die wirtschaftlichste und smarteste Lösung."
Die Erfahrungen zeigen: Es kommt drauf an. Die Wirtschaftlichkeit hängt von drei Säulen ab.
Eine PV-Anlage ohne Speicher ist deutlich günstiger. Je nach Größe können Sie hier 4.000 bis 8.000 Euro sparen. Das führt zu einer schnelleren Amortisation der reinen Anlagekosten. Dem steht jedoch eine geringere jährliche Ersparnis gegenüber, da mehr Strom teuer zugekauft werden muss.
Beispielrechnung (vereinfacht):
Die Anlage mit Speicher erwirtschaftet einen höheren jährlichen Vorteil, muss aber auch die höheren Anfangsinvestitionen wieder einspielen.
Die Zeiten, in denen man mit der Einspeisung reich wurde, sind vorbei. Die Vergütung liegt deutlich unter dem Preis für Haushaltsstrom. Die klare Priorität muss daher immer lauten: Eigenverbrauch maximieren! Die Einspeisung ist nur noch ein netter Bonus für den Strom, den man partout nicht selbst nutzen kann.
Die entscheidende Variable ist der Preis, den Sie für Netzstrom zahlen. Je höher dieser ist (und er wird tendenziell weiter steigen), desto wertvoller ist jede selbst verbrauchte Kilowattstunde und desto rentabler wird Ihre Anlage – auch ohne Speicher.
Aus den Erfahrungsberichten kristallisieren sich klare Nachteile heraus, mit denen Betreiber einer speicherlosen Anlage leben müssen.
Eine Photovoltaikanlage ohne Speicher ist keineswegs ein Auslaufmodell. Sie ist eine wirtschaftlich attraktive und sinnvolle Lösung für eine spezifische Zielgruppe. Die Erfahrungen sind dann besonders positiv, wenn einer oder mehrere der folgenden Punkte auf Sie zutreffen:
Checkliste: Ist eine PV-Anlage ohne Speicher die richtige Wahl für MICH?
Wenn Sie sich in diesem Profil wiederfinden, können Sie die Erfahrungen der "Familie Meier" oder des "Technik-Fans Huber" sehr wahrscheinlich auch für sich realisieren. Für alle anderen, insbesondere für Pendler mit einem klassischen 9-to-5-Job, ist eine ehrliche Auseinandersetzung mit den Mehrkosten und Vorteilen eines Speichers von Anfang an der bessere Weg.
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